Verspätungszuschläge in Ihrem Einkommensteuer-Bescheid

03.04.2023 |  Der Steuerratgeber - Kolumne im Wirtschaftsteil der Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten

Sofern Sie zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet sind und diese nicht fristgerecht abgeben, finden Sie auf Ihrem Einkommensteuer-Bescheid regelmäßig Verspätungszuschläge in oftmals nicht unerheblicher Höhe vor. Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen soll dazu dienen, den Steuerpflichtigen zur Abgabe der Steuererklärung innerhalb der vorgeschriebenen Frist anzuhalten. Sie sind ein besonderes Druckmittel der Finanzverwaltung, das eine Verzögerung des Besteuerungsverfahrens aufgrund von verspäteten Abgaben verhindern soll.

 

Für bis für das Kalenderjahr 2018 abzugebende Einkommensteuer-Erklärungen stand die Festsetzung der Verspätungszuschläge, das heißt das „ob“ und das „wie hoch“, im Ermessen der Finanzbehörde. Ermessen heißt jedoch keine Willkür. Bei der Ausübung des Ermessens hat das Finanzamt in gewissen gesetzlichen Grenzen einen (Ermessens-)Spielraum. Die Einhaltung der Grenzen überprüfen gegebenenfalls die Finanzgerichte.

 

Für Steuererklärungen späterer Jahre wurden die Regeln dann geändert. Unter bestimmten Voraussetzungen hat die Finanzbehörde nun Verspätungszuschläge in vorgeschriebener Höhe festzusetzen: für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 Prozent der um anzurechnende Beträge verminderten festgesetzten Steuer, mindestens aber 25 Euro pro Monat, maximal 25.000 Euro. Dieses nunmehr ausschließlich automationsgestützte Verfahren kann dazu führen, dass beispielsweise bei einer Steuernachzahlung von wenigen Euro und einer verspäteten Abgabe von zehn Monaten Verspätungszuschläge in Höhe von 250 EUR anfallen. Die Festsetzung in dieser Höhe hat ab März des auf das Jahr der Steuererklärung übernächsten Jahres zu erfolgen. Hieran ist das Finanzamt grundsätzlich gebunden, es darf kein Ermessen mehr ausüben.

 

Ausnahmen

 

Einen Ermessensspielraum hat das Finanzamt weiterhin bei einer verspäteten Abgabe bis Februar des übernächsten Jahres, aber auch, wenn die Steuer null ist oder gar ein Erstattungsfall vorliegt.

 

Eine Ausnahme liegt ebenfalls vor, wenn die Finanzbehörde selbst die Abgabefrist verlängert oder diese rückwirkend verlängert. Oft wird seitens des Finanzamtes übersehen, dass die Festsetzung von Verspätungszuschlägen in diesem Fall einer Ermessensentscheidung unterliegt, mit der rechtwidrigen Folge, dass die Grenzen der Ermessensausübung nicht eingehalten werden und die oben beschriebenen starren Prozent- und Mindestbeträge festgesetzt werden. Hiervon sind per se alle derzeitigen Erklärungsjahre 2020 bis 2024 betroffen, deren Abgabefristen durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz verlängert wurden.

 

Liegt eine dieser Ausnahmen vor, hat das Finanzamt das Auswahlermessen zu beachten und beispielsweise von der Festsetzung von Verspätungszuschlägen abzusehen, wenn Sie glaubhaft machen, dass die Verspätung entschuldbar ist oder sie niedriger festzusetzen, sofern dies angemessen erscheint; zum Beispiel bei einer nur geringen Steuernachzahlung. Umgekehrt wird eine wiederholte Verletzung Ihrer Erklärungspflichten gegen Sie verwendet werden.

 

Wenn Sie das Finanzamt nach Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist zur Abgabe Ihrer Steuererklärung aufgefordert hat und Sie bis zum Zugang dieser Aufforderung nicht davon ausgehen konnten, eine Steuererklärung abgegeben zu müssen, so ist der Verspätungszuschlag nur für die Monate zu berechnen, die nach dem Ablauf der in der Aufforderung bezeichneten Abgabefrist begonnen haben. Es empfiehlt sich jedoch, dieses Argument nur zur Abwehr zu nutzen und aus Vorsichtsgründen eine Steuererklärung abzugeben.

 

Nehmen Sie Verspätungszuschläge also nicht unüberlegt hin, sondern klären Sie ab, ob diese dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt sind.

 

Analoges gilt im Übrigen für kalenderbezogene Feststellungserklärungen. Hier beträgt die vorgegebene Höhe beispielsweise 0,0625 Prozent der positiven Einkünfte, auch mindestens 25 Euro pro Monat. Ähnliches gilt für Erklärungen zur Festsetzung des Gewerbesteuer-Messbetrages bzw. der Gewerbesteuer-Zerlegung sowie bei zeitpunktbezogenen Steuererklärungen wie Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuer-Erklärungen.

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