Erlass der Grundsteuer wegen wesentlicher Ertragsminderung

06.02.2023 |  Der Steuerratgeber - Kolumne im Wirtschaftsteil der Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten

Die Grundsteuer ist derzeit in aller Munde. Alle Grundstückseigentümer haben für Ihre Immobilien eine Grundsteuererklärung abzugeben. Zwischenzeitlich ist jedem bekannt, dass er einen Bescheid über den Grundsteuermessbetrag erhält, der maßgeblich für die Höhe der Grundsteuer ist, die die jeweilige Stadt oder Gemeinde vom Grundstückseigentümer einfordert. Die Festsetzung der Grundsteuer erfolgt unabhängig vom tatsächlich erzielten Ertrag aus dem Grundstück oder den persönlichen Verhältnissen des Grundstückseigentümers. Man nennt sie deshalb auch eine Realsteuer.

 

Das Grundsteuergesetz sieht unter anderem vor, dass der vermietende Grundstückseigentümer bei vorübergehenden Mietausfällen aus einem Grundstück unter bestimmten Voraussetzungen einen (Teil-) Erlass der Grundsteuer wegen wesentlicher Ertragsminderung beantragen kann. 

 

Voraussetzungen

 

Eine Voraussetzung für einen Erlass ist ein im Kalenderjahr (Erlasszeitraum) um mehr als 50 Prozent geminderter normaler Rohertrag oder gar die vollkommene Ertragslosigkeit der Immobilie. Unter dem normalen Rohertrag versteht man bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete. Gemeint ist die übliche Bruttokaltmiete, die in Anlehnung an die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung regelmäßig gezahlt wird, einschließlich der Umlagen und sonstigen Leistungen wie Versicherungen, Gartenpflege, Niederschlagswassergebühr, Müllabfuhr etc., aber ausschließlich der Heiz- und Warmwasserkosten.

 

Sofern die im Erlasszeitraum erzielte Jahresmiete nun weniger als die Hälfte des normalen Jahresrohertrages beträgt, ist ein Erlass von pauschal 25% der im Erlasszeitraum gezahlten Grundsteuer möglich; werden keine Mieteinkünfte erzielt, sogar ein pauschaler Erlass von 50%. Folgendes Beispiel zum Verständnis: Während der übliche Jahresrohertrag 100.000 Euro beträgt, erzielt ein Vermieter lediglich eine Jahresmiete von 40.000 Euro. Dies entspricht einem Ausfall von 60%. Beträgt die Grundsteuer 1.000 Euro, könnte der Erlass in Höhe von 250 Euro beantragt werden.

 

Die Ursachen solcher Mietausfälle sind vielfältig. Es kann Leerstand, Mietpreisverfall, strukturelle Nichtvermietbarkeit, aber auch außergewöhnliche Ereignisse wie zum Beispiel Wohnungsbrände oder Wasserschäden sein. Hiervon abzugrenzen sind dauerhafte Ertragsminderungen, die nicht durch einen Erlass, sondern durch eine Änderung des Grundsteuermessbescheides Berücksichtigung finden würden.

 

Wichtig ist darüber hinaus, dass der Grundstückseigentümer den Mietausfall nicht zu vertreten haben darf. Er muss alles unternommen haben, die Räumlichkeiten in der Spanne der marktgerechten Miete zu vermieten sowie alles unterlassen haben, was einer Vermietung entgegenstehen könnte. Der Vermieter muss seine Vermietungsbemühungen nachweisen, beispielsweise durch die Beauftragung eines Maklers und die Bewerbung im Internet. Die Entscheidung, eine leerstehende Wohnung zunächst nicht am Markt anzubieten, sondern sie vor der Neuvermietung grundlegend zu renovieren oder zu sanieren muss sich der Vermieter jedoch anrechnen lassen und führt somit zum Ausschluss eines Erlasses.

 

Sanierungsgebiet

 

Nun haben einige Städte und Gemeinden – gerade in Bereichen der Hochwasserkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 – das städtebauliche Sanierungsgebiet ausgerufen. In diesen Gebieten liegen die einheitliche Vorbereitung und zügige Durchführung im öffentlichen Interesse, die Gemeinde kann die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen durch den Eigentümer hoheitlich durchsetzen, so dass der Eigentümer sich der Sanierungsmaßnahme nicht entziehen kann. Dies hat zur Folge, dass der entstehende Leerstand als vom Vermieter nicht zu vertreten angesehen wird, die entstehenden Mietausfälle deswegen zwangsläufig sind und infolgedessen der (Teil-) Erlass der Grundsteuer trotz Sanierung wieder möglich ist.

 

Der Erlassantrag ist bis zum 31. März des Folgejahres bei den Steuerämtern der Städte und Gemeinden bzw. in Stadtstaaten beim Finanzamt zu stellen.

 

Die Möglichkeit des Erlasses bleibt im Übrigen auch nach der Grundsteuerreform über das Jahr 2024 hinaus bestehen.

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