Vermietungseinkünfte können durch Photovoltaikanlage gewerblich werden

28.11.2022 |  Der Steuerratgeber - Kolumne im Wirtschaftsteil der Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten

Zum Verständnis dieses Falles muss man vorweg folgendes wissen: Einzelunternehmer und Personengesellschaften werden – was die gewerbesteuerlichen Folgen betrifft – ungleich behandelt. Während eine einzelne Person nebeneinander gewerbesteuerpflichtige und nicht gewerbesteuerpflichtige Einkünfte erzielen kann, sind sämtliche Einkünfte einer Personengesellschaft gewerbesteuerpflichtig, auch wenn die Gesellschaft nur teilweise gewerbliche Einkünfte erzielt. Hierbei wird eine jährliche Bagatellgrenze von 3 Prozent der Erlöse und eine absolute Betragsgrenze von 24.500 Euro zugestanden, innerhalb derer ein solcher Personenzusammenschluss gewerbliche Einkünfte erzielen darf, ohne die anderen Einkünfte zu infizieren. In Fachkreisen spricht man hier von der „Abfärbe- oder Infektionswirkung“. Rechtfertigt wird diese Regelung mit Vereinfachungsgründen und der Sicherung des Gewerbesteueraufkommens.

 

Das oberste deutsche Steuergericht hatte nun über einen Fall zu entscheiden, der zwar auf den ersten Blick ziemlich speziell erscheint, aber deren Konstellation häufiger vorkommt als man zunächst denkt und für den ich aus diesem Grund hier sensibilisieren möchte. Es geht um die Frage, ob eine solche Abfärbung auch dann erfolgt, wenn aus der gewerblichen Tätigkeit nur Verluste erzielt werden und ob die Bagatellgrenze auch angewendet werden kann, wenn die Personengesellschaft nur vermögensverwaltend tätig ist (BFH, Urteil vom 30.06.2022, Aktenzeichen IV-R-42/19).

 

Eine lediglich vermögensverwaltender Personenzusammenschluss (GbR), vermietete ein Grundstück und ließ auf diesem eine Photovoltaikanlage errichten, mit der sie im Streitjahr einen Verlust erzielte. Die später klagende Personengesellschaft sah die Verluste aus der Photovoltaikanlage als gewerblich an und wollte die Einkünfte aus dem Vermietungsbereich aber als solche aus Vermietung und Verpachtung, also als nicht gewerblich berücksichtigt sehen. Dies sah das Finanzamt anderes und behandelte alle Einkünfte einheitlich als gewerbliche Einkünfte.

 

Der hiergegen eingelegte Einspruch, die gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung eingelegte Klage sowie die gegen die verlorene Klage eingelegt Revision blieben jedoch allesamt erfolglos. Verluste können also auch zur Infizierung der eigentlich nicht gewerblichen weiteren Einkünfte der gleichen Personengesellschaft führen. Der BFH gibt hiermit seine im Urteil vom 12.04.2018 vertretende Auffassung auf, nach der nur positive gewerbliche Einkünfte die anderen vermögensverwaltenden Einkünfte einer Personengesellschaft infizieren können. Der Gesetzgeber war parallel bereits tätig geworden und hatte die Abfärbung regelnde Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ab dem Jahr 2019 dahingehend geändert.

 

Bagatellgrenze

 

Anders die Bagatellgrenze. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die grundsätzlich von ihr anerkannte Bagatellgrenze auf vermögensverwaltende Personengesellschaften, also solche, die zum Beispiel fast ausschließlich Immobilien vermieten, nicht anwendbar sei. Das dieser Ansicht entgegentretende Urteil des Finanzgerichtes München wurde jedoch durch den Bundesfinanzhof im vorzitierten Urteil bestätigt. Die Bagatellgrenze gilt also auch für vermögensverwaltende Personengesellschaften.

 

Also seien sie wachsam! Eine Personengesellchaft entsteht schnell durch einfachen Zusammenschluss von Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes (§ 705 BGB). Jedoch sind Erbengemeinschaften, die Gütergemeinschaften und die Bruchteilsgemeinschaften hiervon ausgenommen. Der beschriebene Sachverhalt wird sich zukünftig deutlich häufiger ergeben, weil immer mehr Vorschriften von Kommunen und Städten Eigentümer bei Neubauten und grundlegenden Dachsanierungsarbeiten zum Bau von Photovoltaikanlagen verpflichten.

 

 

Den hier zum deutschen Steuerrecht hervortretenden Widerspruch mit den Zielen zur Förderung erneuerbarer Energien, der Senkung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe und der Unabhängigkeit bei der Energieversorgung beabsichtigt der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2022 ein Stückweit zu beseitigen, indem er die gewerbliche Infektion für bestimmte Photovoltaikanlagen ab dem 01.01.2023 abschaffen will.

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